„Wir wollen unsere Software-Plattform selbst entwickeln“
Jetzt geht es los! Das ist die Botschaft, die sich an diesem Tag durch die Rede von Christian Senger zieht. In weniger als zwei Wochen wechselt die Car.Software-Organisation im Volkswagen Konzern von der Aufbauphase in den Arbeitsmodus. Ab Juli wird sie mit eigenem Budget und eigenen Mitarbeitern eine leistungsstarke digitale Plattform für alle Konzernmarken und Märkte entwickeln. „Wir wechseln vom Planen ins Machen“, sagt Senger, CEO der Car.Software-Organisation.
„Bis 2025 wollen wir den Eigenanteil an der Software unserer Autos auf 60 Prozent steigern.“
Christian Senger, CEO der Car.Software-Organisation
Bei einem Auftritt in Ingolstadt formuliert Senger vor zugeschaltetem Publikum ehrgeizige Ziele: „Bis 2025 wollen wir den Eigenanteil an der Software unserer Autos auf 60 Prozent steigern.“ Heute liegt der Anteil unter 10 Prozent. Senger räumt ein, dass es durchaus auch andere Wege in der Automobilindustrie gibt: Einige Autohersteller schließen enge Entwicklungspartnerschaften mit großen IT-Konzernen, andere konzentrieren sich auf den reinen Fahrzeugbau und kaufen Software weiter dazu. „Für uns kommt das nicht in Frage. Wir können und wir wollen unsere Software-Plattform selbst entwickeln“, betont Senger. Er nennt drei Gründe für diese strategische Entscheidung.
Die Erfahrung: „Wir sind mit der Komplexität des Automobils vertraut – das unterscheidet uns von Wettbewerbern außerhalb der Branche“, sagt Senger. In der Fahrzeugentwicklung und Fahrzeugproduktion verfügt Volkswagen über jahrzehntelange Erfahrung. In den kommenden Jahren wird die Car.Software-Organisation mehr als sieben Milliarden Euro in ihre Aufgaben investieren. „Das ist ein starkes Vorhaben“, sagt Senger.
Die Kontrolle: „Volkswagen will die Hoheit über die komplette Fahrzeugarchitektur behalten – das schließt die Elektronik ein“, betont der CEO der Car.Software-Organisation. Nur so sichere man sich die langfristige Wettbewerbsfähigkeit. „Schon deshalb können wir Dritten keinen kompletten Zugriff auf Daten in unseren Fahrzeugen geben.“ Künftige digitale Wertschöpfung soll im Unternehmen bleiben.
Die Größenvorteile: „Software entfaltet ihr Potenzial mit der steigenden Zahl der Fahrzeuge. Das gilt für Kostenvorteile, aber auch für das Lernen aus Daten. Diesen Skalierungsvorteil haben wir auf unserer Seite“, sagt Senger. Mit rund 11 Millionen verkauften Fahrzeugen allein im Jahr 2019 verfügt der Konzern in puncto Größe über exzellente Voraussetzungen. „Volkswagen ist in der besten Position, um eine eigene Software-Plattform zu entwickeln.“
Um die Größenvorteile optimal zu nutzen, wird es mit VW.OS künftig ein einheitliches Betriebssystem für die Pkw-Marken des Konzerns geben – mit der Volkswagen Automotive Cloud als technischem Rückgrat. „Die Automotive Cloud ist technisch startbereit. Wir erweitern ihren Funktionsumfang und bereiten uns auf die Anbindung der ersten Fahrzeugmodelle vor“, sagt Senger.
„Die Innovationszyklen werden kürzer. Wir werden neue Anwendungen viel schneller auf den Markt bringen.“
Christian Senger
Hardware, Betriebssystem und Anwendungen sind künftig voneinander getrennt. Die neue Software-Architektur wird beispielsweise Software-Updates und Dienste „over the air“ ermöglichen, sodass Kundinnen und Kunden neue Produkte jederzeit herunterladen können und die Fahrzeuge digital auf dem aktuellen Stand bleiben. „Die Innovationszyklen werden kürzer. Wir werden neue Anwendungen viel schneller auf den Markt bringen“, so Senger.
Schon heute arbeiten viele Softwareexperten bei Volkswagen – ihre Kompetenz soll jetzt in der Car.Software-Organisation gebündelt werden. In den nächsten Monaten will die neue Einheit weitere Fachkräfte aus Konzernmarken und -gesellschaften gewinnen, sodass Ende 2020 bereits 5.000 Fachleute unter einem Dach arbeiten könnten.
Die Zahl der Fachkräfte soll dann weiter ausgebaut werden, auch außerhalb Deutschlands. Etwa die Hälfte von ihnen wird in Europa arbeiten, der Großteil in Deutschland. Rund ein Drittel der Fachleute soll in China programmieren. Weitere Einheiten wird es in Nordamerika, in Israel und Indien geben. „Unser Ziel ist eine Kultur für Macherinnen und Macher. Die klügsten Köpfe werden bei uns Arbeitsmodelle finden, die sich konsequent an den Anforderungen moderner Software-Entwicklung ausrichten“, so Senger.
Die Software-Einheit soll einerseits digitale High-Tech Produkte entwickeln - und andererseits helfen, die Transformation des gesamten Unternehmens mit hohem Tempo voranzubringen. Senger: „Wir wollen Volkswagen zum softwaregetriebenen Automobilkonzern weiterentwickeln.“
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