Reduzierte Formgebung, klare Ästhetik und innovatives Design – Giorgetto Giugiaro gilt als einer der bedeutendsten Automobildesigner unserer Zeit. Auch für Volkswagen spielt Giugiaro eine bedeutende Rolle. Mit der Kreation einer neuen Modellfamilie gestaltete der Designer ab 1970 auch die neue Formensprache von Volkswagen: die Ouvertüre einer neuen Zeit, mit Giugiaro als „Maestro des Umbruchs“.
Seit Jahrzehnten der Maßstab
seiner Zeit
Klare Linien, pures Design – der neue Volkswagen war 1974 eine Revolution. Giorgetto Giugiaro schuf den Golf und damit nicht weniger als eine Ikone. Seitdem begeistert der Golf immer wieder neu, mittlerweile in der achten Generation – die federführend von Volkswagen Konzern Chefdesigner Klaus Bischoff geschaffen wurde. Zwischen dem ersten und neuesten Modell liegen 46 Jahre. Beide Designer standen jeweils vor ganz unterschiedlichen Herausforderungen und doch verbindet sie die Frage: Wie schafft man zeitbeständiges Design?
„Ein schönes Fahrzeug zu kreieren, wenn man nur einige wenige davon fertigt, ist einfach“, erklärt der italienische Designer. „Aber wenn du Tausende davon machen willst ...“ Sprechende Hände, lebendige Augen – gestenreich und ausdrucksstark beschreibt Giugiaro die Herausforderung, vor die ihn der Auftrag aus Wolfsburg stellte: „Eine Fahrzeugfamilie mit einer Architektur, die klar zu erkennen sein sollte – vom kleineren bis zu einem größeren Auto.“ Bereits mit dem ersten Entwurf des Passat definierte Giugiaro die neue Linie.
Wolfsburger Technik, Turiner Ästhetik
Für den Golf gab es von Volkswagen bereits konkrete Vorgaben. „Wir wollen, dass Sie uns einen Nachfolger für den Käfer zeichnen. Und wir sind zufrieden, wenn das Platzangebot im Innenraum ungefähr dem des Käfers entspricht.“ Der damalige Volkswagen Vorstandsvorsitzende Kurt Lotz sei beim ersten Treffen in Wolfsburg im Januar 1970 schnell auf den Punkt gekommen, erinnert sich Giugiaro. Ebenso konkret waren die Vorstellungen vom Modelltyp: „Ein moderner Kompakter mit Heckklappe – eben variabel, dem neuen Trend entsprechend. Das hat man bei Volkswagen damals richtig erkannt.“
Was den Golf ausmacht? Als die Volkswagen Classic Redaktion Giugiaro vor einigen Jahren in Turin besucht, zeichnet er es kurzerhand auf: Dynamisch kratzt die Zeichenkohle über den großen Papierbogen. Mal fliegen die Hände, mal verharren sie kurz sinnierend auf der Stelle, nach wenigen Sekunden ist der Welterfolg aus Wolfsburg skizziert: ein Golf, unverkennbar, auch zweidimensional ungemein wirkungsvoll. Klare Linien, reduziert aufs Wesentliche. Besonders markant die C-Säule, die in jedem neuen Golf weiterlebt. Gutes Design bewährt sich. Giorgetto Giugiaro lächelt zufrieden.
Technik aus Niedersachen kombiniert mit Design aus dem Piemont. Zeitgeist, Technik und Kreativität verband Giorgetto Giugiaro zu einem bis heute legendären Modell, das neue Maßstäbe setzte.
Die Idee setzt sich fort
Der Golf von Giugiaro ist inzwischen mehr als erwachsen geworden. Achtköpfig ist sie mittlerweile, die Golf Familie. Sauber aufgereiht wie edle Schmuckstücke, sortiert von klassisch bis modern, präsentieren sich die Golf Generationen auf der Piazza der Autostadt Wolfsburg. Ein Anblick, der einen sofort lächeln lässt. Auch jene, die den Golf in- und auswendig kennen. Wie Volkswagen Konzerndesignchef Klaus Bischoff.
„Der Maßstab seiner Zeit!“ Anerkennend klopft Bischoff auf das Dach von Giugiaros Golf. Seit über 30 Jahren bei Volkswagen, ist Klaus Bischoff im Golf zu Hause. „Ein originäres Design, präzise und wirkkräftig“, sagt er und nimmt darin Platz. Klein wirkt der erste Golf aus heutiger Sicht, gerade wenn ein hochgewachsener Mann wie Bischoff einsteigt. Groß ist dagegen die Wertschätzung. „Ordentlich, alles auf einen Blick angeordnet, ohne Schnörkel.“ Mit seinen Händen umreißt Bischoff ein Rechteck: Das Cockpit wirkt aufgeräumt, alle Elemente sind innerhalb eines geraden Rahmens.
Und der weltweite Erfolg zeigt: Der Golf erreicht alle. Stark und visionär präsentiert sich die achte Generation. „Ein Ausdruck der Kompetenz und Entwicklungsfähigkeit von Menschen – und dessen, was möglich ist mit 70 Jahren Frieden und Erfahrungen.“ Bischoff ist stolz auf den neuen Golf. Und er weiß, wovon er spricht. Seit dem Golf 2 ist er als Designer an diesem Erfolgsauto beteiligt. Er verantwortete das Interieur des Golf 5, mit der sechsten Generation dann das komplette Golf Design als Markendesignchef und den neuen Golf auch als Volkswagen Konzerndesignchef. „Dieser Golf ist für mich der stärkste Botschafter, auch der neuen Philosophie. Er ist wohlproportioniert, durchtrainiert, ästhetisch, rundum dynamisch“, resümiert Bischoff. „Ein sympathischer Athlet mit dem festen Blick in die Zukunft.“
Und mit einer dynamischen Geste in Richtung des jüngsten Familienmitglieds schließt Klaus Bischoff: „Er ist die Referenz von heute!“