Herr Stackmann, wie haben Sie reagiert, als Sie von dem Video erfuhren?
Als mich am 19. Mai abends um 23 Uhr ein Kollege anrief und mir dann den Link schickte, war mein erster Gedanke: Das muss ein Fake sein. Mein zweiter Gedanke war: Jemand hat unseren Account gehackt. Ich war zutiefst schockiert und habe mich gefragt: War das Sabotage oder haben wir hier wirklich unabsichtlich so einen kapitalen Bock geschossen?
Wie ging es dann weiter?
Wir sind den Dingen auf den Grund gegangen, um zu verstehen, was da genau passiert ist und wo wir ansetzen müssen, damit uns sowas nicht noch einmal passiert. Und ich habe viel über den Vorfall nachgedacht. Denn eins ist klar: Auch wenn es bei der Untersuchung keine Hinweise auf vorsätzlich rassistische Absichten gab - mangelnde interkulturelle Sensibilität und fehlende Kenntnisse müssen wir uns hier auf jeden Fall vorwerfen lassen. Und dafür übernehme ich als Vorstand für Sales, Marketing & After Sales die volle Verantwortung. Ich werde persönlich dafür sorgen, dass die beschlossenen Konsequenzen auch umgesetzt werden.
Wie erklären Sie dann das Video - und wieso wurde es überhaupt veröffentlicht?
Ganz offensichtlich gab es neben Fehlern in der Prozesskette auch Versäumnisse bei der Sensibilisierung der Mitarbeiter*innen: Trotz diverser, vielfältiger und internationaler Teams ist ein rassistisches Video entstanden. Bei unseren Untersuchungen haben wir zwar festgestellt, dass es im Team und bei den beteiligten Menschen keine Hinweise auf rassistische Intentionen gab. Das macht es aber nicht viel besser.
Wo wurden Fehler gemacht?
Unsere Kontrollen reichen offensichtlich nicht aus, wenn es um eine ethische Bewertung geht.
Wir haben erkannt, dass wir noch viel sensibler hinterfragen müssen, ob Inhalte potenziell diskriminierend, verletzend oder verstörend auf Menschen wirken können. Das sind die Leitplanken, die wir uns setzen müssen.
Ein zweites Learning ist, dass es zu viele Brüche im Prozess gibt. Es fehlt eine Gesamtübersicht der digitalen Kommunikation. Wie wir am Beispiel meines eigenen Twitter Accounts gesehen haben: Das Team hat sofort auf die negativen Kommentare reagiert, aber die Warnungen wurden in der Prozesskette nicht weiterverfolgt. Da brauchen wir einfachere, transparentere Prozesse, ganzheitliche Verantwortlichkeiten und eine bessere Reaktion auf Hinweise der Community.
Des Weiteren bin ich davon überzeugt, dass wir mehr Diversität und Internationalität in unseren Teams brauchen. Heterogene Teams bieten die Chance für mehr kulturelle Sensibilität. Das Thema müssen wir schnellstmöglich angehen.
Was genau sind die Konsequenzen?
Wir müssen einiges angehen:
- Prozessverbesserung durch Etablierung eines festen Freigabe-Checkpoints auf Agenturseite und bei uns. Dafür wollen wir ein unabhängiges Board mit Diversity-Expert*innen schaffen, die nichts mit dem Kreativprozess zu tun haben, sondern kreative Inhalte nur auf potenziell verletzende, diskriminierende und anderweitig kritische Elemente checken und filtern. Und zwar sowohl bei uns als auch auf Agenturseite.
- Deutliche Stärkung der Schulungen im eigenen Team und auf Agenturseite zum Thema Ethik und Kultur.
- Sicherstellung von Heterogenität und mehr Diversität in unseren Teams.
- Schaffung einer übergreifenden Social Media Organisation zur besseren Reaktion und Steuerung.
Aber wir verlassen uns nicht nur auf uns selbst: Wir werden uns Unterstützung und Hilfe bei unabhängigen NGOs holen, die sich explizit mit dem Thema Rassismus, aber auch anderen Diversity- und Diskriminierungsthemen beschäftigen. Wir haben in der vergangenen Woche Kontakt zu verschiedenen Organisationen aufgenommen. Solche Expert*innen werden wir auch bei uns in den Teams etablieren. Volkswagen lebt von der Diversität.
Ich möchte noch einmal alle um Entschuldigung bitten, deren Gefühle durch diesen Spot verletzt worden sind. Das war ein Wake-Up-Call. Es ist unsere Pflicht, jeden Tag Rassismus zu bekämpfen.