Volkswagen Classic beim 7. Internationalen Volkswagen Veteranentreffen in Hessisch Oldendorf
HO17 – die Formel für luftgekühlte Träume
Motorengeräusche hallen durch die schmalen Gassen, es brummt, es blubbert, Sonnenreflexe auf Chromteilen, in blank polierten Motorhauben spiegeln sich Fachwerkhäuser, klassische runde Silhouetten zeichnen sich im Gegenlicht ab, Oldtimer defilieren vorbei, Zehntausende Menschen schlendern über Kopfsteinpflaster, glückliche Gesichter, internationales Sprachgewirr. Hessisch Oldendorf platzt vor Freude aus allen Nähten: Der beschauliche Ort in Niedersachsen wird alle vier Jahre zum Mekka für Fans luftgekühlter Volkswagen aus aller Welt. HO17 heißt es kurz, das 7. Internationale Volkswagen Veteranentreffen in Hessisch Oldendorf.


Es ist das Welttreffen für alle Enthusiasten, deren Herz für die frühen Käfer, Bulli und Karmann Ghia schlägt. Die siebte Auflage brach erneut eigene Rekorde: Weit über 1.000 Fahrzeuge und rund 45.000 Besucher zog es nach Hessisch Oldendorf. Den Veranstaltern Christian und Traugott Grundmann geht es um besondere und seltene Fahrzeuge, und das HO17-Motto "Behördenfahrzeuge" unterstrich diesen Anspruch. So wurde Hessisch Oldendorf auch 2017 zu einem automobilen Freilichtmuseum, wie es seinesgleichen sucht. Volkswagen Classic war mit Sympathieträger Käfer 1200 "Herbie" von 1960, dem 1965er T1 "Lufthansa", einem brasilianischen Karmann Ghia TC 145 von 1970 sowie dem jugendlichen Kraftprotz Golf II Pikes Peak mit Bi-Motor mittendrin.
Um Fahrzeugvielfalt in entspannter Atmosphäre und besonderer Kulisse zu erleben, legen Fans Tausende von Kilometern zurück. Wenn "international" draufsteht, ist es in Hessisch Oldendorf auch drin: Ob Falklandinseln oder Island, Lofoten oder Sibirien, Sudan oder Neuseeland, aus allen Teilen der Welt kamen Fans in Hessisch Oldendorf zusammen – mit Besuchern aus rund 40 Nationen war die Welt zu Gast im Weserbergland.

Von Malaysia nach Hessisch Oldendorf auf eigener Achse: Cliften Nathaniel, Stephen Pang, Terence Moses, Monica Xavier, Udhaya Kumar (v.l.n.r)

27.000 km, fünf Freunde, eine Leidenschaft
Wie weit die Begeisterung für luftgekühlte Volkswagen reichen kann, zeigen fünf Fans aus Malaysia: Knapp 27.000 Kilometer haben sie auf eigener Achse zurückgelegt, waren mit drei Bullis und einem Käfer über drei Monate gemeinsam unterwegs. "Es ist die beste Erfahrung meines Leben!", fasst Stephen Pang, lächelnd an seinen T2 gelehnt, die Reise zusammen. "Und jetzt fühle ich mich in Hessisch Oldendorf wie im Himmel!". Die Fröhlichkeit der fünf weitgereisten Teilnehmer ist ansteckend, mit ihrer besonderen Geschichte werden sie schnell zu Stars des Treffens. Sie strahlen drei Tage lang, sind ständig im Gespräch, werden fotografiert, knüpfen Kontakte.
Terence Moses in seinem T1 von 1967
Cliften Nathaniel liebt an seinem T2 "Rusty" besonders, dass er Menschen verbindet: "Ich habe durch den Bulli überall auf der Welt Freunde. Das ist unbezahlbar!" Monica Xavier und Udhaya Kumar sind im Käfer auf Abenteuertour gegangen – und erfüllen den Traum von Monicas verstorbenen Vater, der einmal mit dem Käfer nach Deutschland wollte. Terence Moses ist seit vier Jahren stolzer Besitzer eines in Malaysia seltenen T1. Sein 1967er Bulli "Puch" ist nicht nur sein Zuhause geworden, durch ihn hat Terence Moses unterwegs viel Unterstützung fremder Leute erfahren, was ihn tief berührt: "Es geht letztlich um die Kraft der Liebe und um den Menschen. Deshalb nennt man es eben auch 'Volks'-Wagen."

Øystein Asphjell und sein Traumwagen: Volkswagen Rometsch Beeskow Cabriolet von 1956

Hollywood-Beauty im Aluminiumkleid
Viel Enthusiasmus steckt auch im eleganten Cabriolet mit Aluminiumhaut, das sich unter den alten Linden auf dem Marktplatz präsentiert. Einst ein Prestigeobjekt in Hollywood, wurde es schließlich in Arizona von einem Norweger auf der Suche nach seinem Traumwagen gerettet: ein Volkswagen Rometsch Beeskow Cabriolet von 1956. Als Øystein Asphjell vor 19 Jahren die Karosse mit originalem Fahrgestell kaufte, brauchte es ganze zehn Jahre, bis er alle Teile zusammen hatte, vor sieben Jahren begann er mit dem Neuaufbau.
Volkswagen Rometsch Beeskow Cabriolet: in jahrelanger Arbeit neu aufgebaut
Drei Jahre aktive Arbeit, hunderte Stunden nervenaufreibender Karosseriearbeiten mit Stahl, Holz und Aluminium und zahllose selbst hergestellte Teile später, ist Øystein Asphjell tatsächlich auf eigener Achse aus Norwegen angereist: "Ein Rometsch Beeskow Cabriolet ist nicht nur Teil der automobilen Historie, es ist jetzt auch ein Teil von mir. Es war mein Traum, es bis HO17 fertig zu bekommen. Jetzt sind wir hier – und ich bin sehr stolz."

Gendarmerie-Cabriolet: Alfred Umgeher in seinem Volkswagen Typ 18 von 1950

Gendarmerie mit Wiener Schmäh
Weniger glamourös, aber ebenso außergewöhnlich ist der offene Gendarmerie-Wagen, den Alfred Umgeher aus Niederösterreich mitgebracht hat. Bei seinem Typ 18 von 1950 handelt es sich um das einzige noch fahrende Exemplar dieser Art. In einer Kleinstserie von etwa neun Stück wurden einst halbfertige Volkswagen bei Austro Tatra in Wien für die österreichische Gendarmerie zu Cabriolets umgebaut.
Volkswagen Typ 18 von 1950: Umbau für die österreichische Gendarmerie durch Austro Tatra (Wien)
Mit handgefertigten Teilen wie verlängerten Türen und einer mit einer Vorrichtung für eine zweite Lichtmaschine versehenen Heckklappe, verbreiterten Einstiegen und anderen Anpassungen ist das Behördenfahrzeug eine absolute Rarität. Nach zwei Jahren des Wiederaufbaus ist das Gendarmerie-Cabriolet seit fast 20 Jahren wieder im Einsatz – und Alfred Umgeher damit zu besonderen Anlässen und mit 24,5 PS gemütlich unterwegs.

T1 Camper Westfalia von 1963: Sussi und Carsten Andersen und ihre „Bertha"

Glück mit Bertha
Auf Gemütlichkeit setzen auch Sussi und Carsten Andersen aus Dänemark. Mit ihrem T1 Camper von 1963 haben die beiden schon gemeinsame 86.000 Kilometer Reisefreuden geteilt. Mausgrau ist bei "Bertha" nur der untere Teil der erneuerten Zweifarblackierung, ansonsten geht es originalgetreu farbenfroh zu. Die Andersens hatten 2004 viel Glück, einen T1 mit nur 63.000 Kilometern wohlverwahrt zu entdecken. Glückskinder sind die Volkswagen Fans allemal, denn bei dem Camper mit schwenkbarer Vorderbank handelt es sich um den seltenen Westfalia-Ausbau "SO 36", von dem es weltweit nur vier Stück gibt.
Dänisches Kleinod: T1 Camper mit seltenem Westfalia-Ausbau "SO 36"
Von der Markise über die Wasserkanister bis zu den Schrauben ist alles original anno 1963. Vor allem aber macht der Bulli die gesamte Familie Andersen glücklich: "Bertha ist für uns Freude, Liebe, Ruhe – und das vierte Kind", fasst Sussi Andersen zusammen. Ein anderes Reisen wäre für die Andersens undenkbar. "Einmal angesteckt, lässt einen das nicht mehr los. Aber es ist eine schöne Krankheit", konstatiert Carsten Andersen verschmitzt.

Russ Cartwright mit seinem Ovali-Käfer von 1956 aus Großbritannien

Ovali British Style
In Bestform zeigt sich auch der Ovali-Käfer von 1956, mit dem Russ Cartwright auf eigener Achse aus Yorkshire in Großbritannien angereist ist. Bisher hat der Ovali knapp 98.000 Kilometer mit originalem Motor klaglos bewältigt. Bis auf erneuerte Kotflügel und Stoßstangen und eine Lackierung in Polarsilber ist an dem Rechtslenker alles noch ursprünglich.
1956er Ovali-Käfer: Rechtslenker mit klassischen Winkern
Vor sieben Jahren hat Russ Cartwright den gepflegten Käfer gefunden, bei ihm ist er in vierter Hand – und soll es auch bleiben. Am liebsten genießt der Brite seinen "V-Dub" gemeinsam mit anderen Enthusiasten – bei Treffen in England oder eben international, wie zum zweiten Mal in Hessisch Oldendorf.

Familien-Traumwagen: Rinie Roodbeen mit Sohn Bas am Karmann Ghia Typ 14 Coupé von 1956

Die Nadel im Heuhaufen
Kaum hat Rinie Roodbeen seinen Schatz geöffnet, ist er von Neugierigen umringt. Und während sein Sohn Bas noch die Regentropfen vom edlen 1956er Coupé wischt, klicken bereits die Kameras. Kein Wunder: Der Karmann Ghia Typ 14 ist in exzellentem Zustand und selten dazu. Mit einem Golde Stahlschiebedach ist er einer von weltweit noch drei Exemplaren seiner Art. Lange hatte der Holländer nach einem "Lowlight"-Karmann Ghia mit Schiebedach recherchiert, vor 15 Jahren fand er in den USA "seine Nadel im Heuhaufen". Der Zustand war schlecht, der Wille stark.
Rare Schönheit: Karmann Ghia Typ 14 mit Golde Stahlschiebedach
Fünf Jahre suchte Rinie Roodbeen nach originalen Teilen für seinen Karmann Ghia, sieben Jahre dauerte dann die Restaurierung. Allein an Blecharbeiten investierte er etwa 600 Arbeitsstunden. "Der Wagen gehört heute zur Familie. Mein Sohn ist mit dem Karmann Ghia aufgewachsen, sie sind miteinander groß geworden. Und ich kann aus tiefstem Herzen sagen: Ich könnte ihn nicht wieder hergeben."
Umstehende Enthusiasten pflichten ihm bei. Man fachsimpelt. Erfahrungen werden ausgetauscht, Kontakte geknüpft. Für die "Luftgekühlten" heißt es nun: Vier Jahre warten und sich auf HO21 freuen.


















