Charaktertypen: die Polo IG
Drei Mal Polo, drei Mal Gänsehaut
Automobil-Enthusiasten unter sich: die Polo IG
Er ist spritzig, charismatisch und ein perfekter Alltagsbegleiter: Seit mehr als 40 Jahren zieht der Volkswagen Polo Menschen in seinen Bann. Davon zeugen mehr als 14 Millionen verkaufte Exemplare, sechs Modellgenerationen und unzählige begeisterte Besitzer. Seine automobile Karriere begann 1975 mit dem Ur-Polo, der als neue Modellfamilie die Baureihen Golf und Passat nach unten abrundete. Was aber genau macht die Faszination dieses Fahrzeugs aus, die mit dem nun vorgestellten Polo der sechsten Generation ihre Fortsetzung findet?
Wir haben nachgefragt, bei drei Menschen, die es wissen müssen: Sie alle sind Teil der „VW Polo IG Deutschland e.V.", kurz: „Polo IG". Der bundesweit aktive Verein für Freunde des Audi 50, Polo I Typ 86, Polo II Typ 86c, Polo II 2F und deren Derivate zählt zu den bekanntesten und engagiertesten Polo Fanclubs des Landes.
Die Hochzeitskutsche: Polo I (1977) von Michael Dreisbach
Volkswagen Familie: die Dreisbachs und ihr riadgelber Polo L aus dem Jahre 1977
Michael Dreisbach aus dem westfälischen Kreuztal ist so ein Enthusiast – einer von etwa 30, die sich in der „Polo IG" zusammengeschlossen haben. Was für ihn die „Faszination Polo" ausmacht? Da muss Dreisbach nicht lange überlegen: „Ich finde die Form so toll. Dazu dieses Kleine, das Wendige, das Agile – das macht schon Laune". Zugleich ist er der lebende Beweis dafür, dass man mit einem Polo viel mehr machen kann als zum Einkaufen, zur Arbeit oder zum Sport zu fahren. Zum Beispiel heiraten!

Standesgemäß zum Standesamt: Der Klassiker diente auch als Hochzeitsauto.

In einer gemieteten Nobelkarosse zum Standesamt? „Kommt nicht in Frage", stand für Michael Dreisbach fest. Kennengelernt hatte der Polo Fan seine spätere Frau Heike auf einem Polo Fantreffen in Minden. Die ersten Worte, die sie dabei wechselten? „Kann ich gar nicht mehr so genau sagen", erinnert er sich lächelnd. „Aber höchstwahrscheinlich war's was über Autos".
Nicht nur als „Hochzeitskutsche", auch im Alltag macht der Polo I eine gute Figur.
Zunächst teilten sie das gemeinsame Hobby, zwei Jahre und eine Verlobung später auch das Leben. Schnell war ihm klar: „Mein Polo I wird zum Hochzeitsauto!" Der riadgelbe Klassiker aus dem Jahre 1977 – ein unrestaurierter Garagenwagen aus Rentnerhand in erstklassigem Zustand, der mit seinem 29 kW / 40 PS leistenden 0,9-Liter-Motor bei nur rund 700 Kilo Eigengewicht auch heute noch erstaunlich flott unterwegs ist – musste für die Fahrt in die gemeinsame Zukunft allerdings leicht modifiziert werden.
Aufgrund des aus heutiger Sicht eher überschaubaren Platzangebots im 3,51 Meter langen Ur-Polo wurde der Beifahrersitz kurzzeitig ausgebaut. Nur so war es möglich, dass Braut und Bräutigam samt Hochzeitskleid und Schleier gemeinsam auf der schmalen Rückbank Platz fanden. „Ich habe extra einen kleinen Fahrer ausgesucht", erinnert sich Dreisbach schmunzelnd. Und auch sonst überließ der gelernte Heizungsbauer nichts dem Zufall: „Die Sitzschienen habe ich in letzter Minute noch abgeklebt, um zu verhindern, dass das Schmierfett dem Brautkleid etwas anhaben kann".
Besonderer Polo Moment: „Dieses Auto ist für immer ein Teil unseres Lebens, ein Teil unserer Familie", sagt der Bräutigam von damals heute.


Konnte es nicht. Das Kleid blieb blütenweiß. Und seit ein paar Jahren ist auch ein Kindersitz, inklusive Sohn Tom (5), mit an Bord. Vom Kindergarten abgeholt werden will er – na logisch – am liebsten im Polo I. „Sonst rebelliert er", erzählt Dreisbach schmunzelnd.
Der Perfektionist: Polo II GT G40 (1988) von Frank Hamm
Perfekt restauriert: der Polo II GT G40 von Frank Hamm
Eine ähnlich innige Beziehung hat auch Frank Hamm aus Moers zu seinem schwarzen Polo II GT G40. „Ich bin ein Zurückkommer", bekennt der IGler augenzwinkernd. Denn schon kurz nach dem Führerscheinerwerb erfüllte er sich seinen Traum vom eigenen Polo G40. „Den bin ich ein paar Jahre gefahren, dann kam ein Golf GTI, dann kam ein Passat, dann Familie, dann ein Touran", beschreibt Hamm seine geradezu mustergültige Autobesitzer-Karriere, die ganz im Zeichen des Volkswagen Emblems steht.

Für Kenner: Die Tachometeranzeige reicht bis 240 km/h.
Der Polo II GT G40 war in den späten 1980er-Jahren der Traum vieler junger Volkswagen Fans, zu denen auch Frank Hamm gehörte. Noch heute leuchten die Augen des Mannes aus Moers, wenn er die technischen Eckdaten aufzählt. Kein Wunder, schließlich ist die Zeichenkombination „G40" seit jeher Synonym für Fahrspaß. Ein Tritt aufs Gas, und das kleine Coupé stürmt vehement voran – begleitet vom charakteristischen "Heulen" des mechanisch angetriebenen G-Laders, der dem 1,3-Liter-Motor zu 85 kW / 115 PS verhilft.
Ein Sound, der einen Volkswagen Fan wie Hamm sein Leben lang nicht loslässt. Also begibt er sich auf die Suche. Sein Glück findet auf der anderen Seite der deutsch-niederländischen Grenze: in Form eines schwarzen G40, vom Vorbesitzer in Einzelteile zerlegt.
Ein echter Glücksfall, wie sich herausstellt. Denn das Auto ist unverbastelt und überraschend gut erhalten. Die Karosse ist per kathodischer Tauchlackierung (KTL), einem aufwändigen Beschichtungsverfahren zur Fahrzeugkonservierung, bestens gegen Korrosion geschützt. Danach wird der Wagen von Hamm über anderthalb Jahre hinweg Schraube für Schraube zusammengebaut – das Ergebnis: nahezu perfekt! Das hat der G40-Fan inzwischen sogar schriftlich. Sein Auto wurde in einem Gutachten mit dem Zustand 1- taxiert. Heißt im Klartext: „wie neu".
„Kampfzwerge": Die Polo Rennfahrzeuge von Sebastian Schemmann

Schnelles Duo: Sebastian Schemmann und sein Polo IV Cup (Typ 9N3), der von 2004 bis 2009 im ADAC Volkswagen Polo Cup im Einsatz war.
Polo Perfektionismus treibt auch Sebastian Schemmann an. Der amtierende Präsident der Polo IG Deutschland, der sich selbst augenzwinkernd als „Polo Messi" bezeichnet, sammelt Polo – er nennt sie „Kampfzwerge" – wie andere Leute Panini-Bilder. Und das aus gutem Grund. Der Hobbyrennfahrer ist seit Jahren motorsportlich in diversen Polo Modellen unterwegs.
Sein jüngstes „Pferd" im Stall ist einer von nur 44 bei Volkswagen Motorsport in Hannover gebauten Cup Polo, die von 2004 bis 2009 im ADAC Volkswagen Polo Cup eingesetzt wurden. Am Steuer des rund 125 kW / 170 PS starken Rennwagens startet Schemmann erfolgreich in der „Cup- und Tourenwagen-Trophy". In Hockenheim konnte er bereits einen Sieg und einen dritten Platz einheimsen.
Angefangen hat das alles mit dem ehemaligen Slalom Polo I seines Schwiegervaters. Das Auto ist eigentlich ausgemustert, hat elf Jahre Motorsport in den Federbeinen. Ihn erweckt Schemmann in aufwendiger Schraubarbeit zu neuem Leben. Dass er auch im „zweiten Leben" ein echter Siegertyp ist, stellt der rundstreckentauglich umgebaute Polo beim 3-Stunden-Rennen der ADAC 24h Classic unter Beweis.
Siegertypen: Sebastian Schemmann und zwei seiner frühen „Kampfzwerge": ein Polo I von 1978 und ein Audi 50 von 1975

Gleich bei der Premiere landen Schemmann und sein Polo als Klassendritte auf dem Treppchen. Ein einmaliger Moment: „Das Gefühl vom allerersten Mal, das kriegst du nie wieder", erzählt er. „Nach drei Stunden bist du fertig wie ein Lachsbrötchen. Aber wenn du dann den Pokal in die Hand gedrückt bekommst, dann wachst du auf und bist voll da – und so glücklich!"
Das kommt nicht von ungefähr. Polo fahren – egal, ob auf der Straße oder auf der abgesperrten Rennstrecke – macht Menschen eben glücklich. Und das seit über 40 Jahren.