Schon in normalen Zeiten muss Maretzke viele Fäden in der Hand halten. Gemeinsam mit zehn Kolleginnen und Kollegen aus der Konzernlogistik ist er dafür verantwortlich, dass das Transportnetzwerk von Volkswagen in Europa funktioniert. Das bedeutet: Tausende von Zulieferern müssen ihre Waren so auf den Weg bringen, dass sie zum richtigen Zeitpunkt eines von 26 Werken erreichen. Oft über mehrere Ländergrenzen hinweg. Maretzke ist das Bindeglied, das Informationen teilt, Probleme löst,das System am Laufen hält. „Wir sind die Drehscheibe zwischen Lieferanten, Speditionen, Marken und Werken“, sagt er.
Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist nichts wie gewohnt: Fabriken schließen, Grenzen sind dicht, Zulieferer in der Zwangspause. „Als der Shutdown kam, hatten wir viele Fahrer aus Marokko, England und Portugal auf der Straße. Die waren längst unterwegs und drohten zu stranden“, berichtet Maretzke. Schnell mussten Antworten her: Welche Fracht kann noch ans Ziel gebracht werden? Welche Spedition ist in der Lage, vorübergehend Ware einzulagern? Welche Routen sind nutzbar?„Als einer der ersten Übergänge war der Brenner geschlossen. Binnen Stunden mussten wir herausfinden, ob die Fahrer Italien umgehen und stattdessen über den Balkan zu uns kommen können“, schildert Maretzke.
Seit Wochen ist der Logistiker in ständigen Skype-Konferenzen mit Transportunternehmen, Marken und Werken in Kontakt. „Es ist ein Geben und Nehmen. Wir helfen den Speditionen, die Speditionen helfen uns. Das hat in der Krise bisher super funktioniert, weil wir uns aufeinander verlassen können“, sagt Maretzke. In besonders schwierigen Phasen unterstützen ihn Logistiker aus mehreren Abteilungen, damit keiner der vielen Fäden verloren geht.
Eine Situation ist Maretzke besonders im Gedächtnis geblieben: Vier Lkw-Fahrer aus Slowenien steuern Salzgitter an – doch dort sind nur Entladekapazitäten für einen Lastwagen frei. „Zusammen mit den Speditionen und den Werkslogistikern haben wir das Programm so geändert, dass die Lkw das Werk im Abstand von zwei Stunden erreichten und sofort entladen werden konnten.“ Den Speditionen bleiben damit Standzeiten erspart, die Fahrer können sich auf den Rückweg machen. „Ich habe früher selbst in einer Spedition gearbeitet und kenne die Sorgen der Disponenten“, sagt Maretzke.