- Zeitzeugen Sara Frenkel-Bass und Jean Baudet erinnern und mahnen anlässlich des 20. Jahrestages der Eröffnung der Dauerausstellung
- Auszubildende und ehemalige Nachwuchskräfte sprechen nach Rundgang durch Erinnerungsstätte über Eindrücke und Verantwortung für die Zukunft
- Rund 3.500 Besucher besichtigen jedes Jahr die öffentlich zugängliche Dauerausstellung im ehemaligen Luftschutzraum Bunker 1
Die „Erinnerungsstätte an die Zwangsarbeit auf dem Gelände des Volkswagenwerks“ besteht in diesem Dezember seit 20 Jahren. Die historische Ausstellung klärt über die Frühgeschichte von Volkswagen und über die Zwangsarbeit während der NS-Diktatur auf. Die Dauerausstellung in einem ehemaligen Luftschutzbunker des heutigen Volkswagen Werks Wolfsburg wird jährlich von rund 3.500 Besuchern besichtigt. Die Gäste kommen aus aller Welt, nicht nur aus dem Volkswagen Konzern, sondern auch aus anderen Unternehmen sowie von Schulen und Universitäten. Sie werden von Volkswagen Heritage Mitarbeitern durch die Ausstellung geführt. Anmeldungen sind per E-Mail an history@volkswagen.de möglich.
Rund 20.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter arbeiteten während des Zweiten Weltkrieges für die damalige Volkswagenwerk GmbH. Heute steht das Unternehmen mit konzernweit rund 660.000 Mitarbeitern an mehr als 120 Standorten in 30 Ländern für Toleranz, Internationalität und Weltoffenheit. Von 1986 an hat Volkswagen als eines der ersten Unternehmen in Deutschland seine Geschichte während der NS-Diktatur umfassend wissenschaftlich aufgearbeitet. Dazu gehörten auch Treffen und Interviews mit ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter wie mit Sara Frenkel-Bass (Antwerpen, Belgien) und Jean Baudet (Nizza, Frankreich).
Anlässlich des 20. Jahrestages der Eröffnung der Erinnerungsstätte am 17. Dezember 1999 sagt Sara Frenkel-Bass (97) heute: „Volkswagen hat sich bis in die 1980er Jahre schwergetan mit dem ehrlichen Abarbeiten und direkten Kontakten zu ehemaligen Zwangsarbeitern. Heute gibt es die Ausstellung und ich und andere werden von Volkswagen nach Wolfsburg eingeladen. Da hat sich vieles, vieles geändert. Die Menschen in Wolfsburg sind sehr interessiert und gute Begleiter auf einem schweren Gang, etwa zu den Gräbern.“ Besonders bekräftigt sie: „Meine Botschaft an die jüngeren Menschen ist: Niemand darf einem anderen das Lebensrecht versagen. Der Tod der Vielen mahnt zu erinnern. Dass wir nicht vergessen werden, liegt in den Händen der Jugend hier. Ich vertraue auf euch. Danke!“
Jean Baudet (97) betont: „Als einer der letzten Überlebenden und im Namen aller meiner verstorbenen Kameraden, die wie ich zwischen 1943 und 1945 Zwangsarbeit im Volkswagenwerk leisten mussten, möchte ich meine Dankbarkeit gegenüber Volkswagen aussprechen, dafür dass das Unternehmen vor 20 Jahren eine großartige Erinnerungsstätte an die Zwangsarbeit auf dem Gelände des Werks im heutigen Wolfsburg errichtet hat. Somit wird an das Leiden der Zwangsarbeiter in diesen schweren Jahren erinnert. Ich bin sehr stolz, dass ich selbst einen Beitrag leisten konnte, indem ich meine Erinnerungen und die Gegenstände aus dieser Zeit dem Unternehmen als Schenkung gegeben habe. Mein innigster Wunsch ist, dass es so eine schlimme Zeit nie wieder geben wird.“
Zum 20. Jahrestag trafen sich kürzlich im Forum des Unternehmensarchivs zwölf Auszubildende mit zwei ehemaligen Auszubildenden, Miriam Hilger und Alexander Silbermann. Die beiden wurden damals ausgewählt, die Erinnerungsstätte mitzugestalten. Nach einem gemeinsamen Rundgang durch die Ausstellung im Bunker 1 diskutierten die Auszubildenden über die Bedeutung der Aufarbeitung der Unternehmensanfänge und der Verbrechen während der NS-Diktatur auf dem Gelände der damaligen Volkswagenwerk GmbH in den Jahren von 1943 bis 1945. Dabei sprachen sie auch aktuelle Entwicklungen an wie rechtspopulistische Tendenzen in liberal-demokratisch geprägten Gesellschaften und die Zunahme antisemitischer Gewalt.
Statements zu „20 Jahre Erinnerungsstätte an die Zwangsarbeit“:
Alexander Silbermann (42), Sachbearbeiter in der Hausdruckerei und ehrenamtlicher Integritätsbotschafter: „Die Aufarbeitung der Unternehmensgeschichte hat mich damals sehr berührt. Wie viele hier in der Gegend hat mich Volkswagen von Kindheit an geprägt, als wäre es ein Familienbetrieb. Als dann Freiwillige zum Aufbau der Erinnerungsstätte gesucht wurden, habe ich mich sofort gemeldet.“
Miriam Hilger (38), gelernte Buchbinderin und Mitarbeiterin der Hausdruckerei: „Das Thema war damals schon wichtig: Auch vor 20 Jahren gab es Neonazi-Schmierereien an den Wänden. Heute wird dagegen aber gefühlt offener angegangen.“
Helene Hannah Jacksch (19), zukünftige Fachinformatikerin: „Der Besuch in der Erinnerungsstätte nimmt einen mit. Und trotzdem wird man sich nie ganz in die Lage der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter versetzen können.“
Timo Klante (25), Jugend- und Auszubildendenvertreter: „Das ist schon krass: 20.000 Zwangsarbeiter. Ein ganzes Fußballstadion voll. Wir haben heute eine Verpflichtung, uns gegen Rassismus und Faschismus zu stellen.“
Marlon Müller (20), angehender Fachinformatiker: „Die Atmosphäre im Bunker ist beklemmend. Die Ausstellung hat mich sehr berührt – zum Beispiel, dass ehemalige Zwangsarbeiter persönliche Exponate zur Verfügung gestellt haben.“
Anne Mundstock (22), Auszubildende zur Industriekauffrau: „Wir sind die letzte Generation, die noch Anknüpfungspunkte an Zeitzeugen hat. Daher sollten wir so viel wie möglich selbst in Erfahrung bringen und weitergeben. Es ist wichtig, dass sich ein so großes, einflussreiches Unternehmen wie Volkswagen gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft positioniert.“
Niko Parlow (20), Auszubildender zum Fachinformatiker: „Es ist gut, dass es diese Erinnerungsstätte gibt, damit wir aus der Vergangenheit lernen können.“
Nora Siems (20), Auszubildende zur Industriemechanikerin: „Es ist wichtig, dass wir uns stark machen gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft!“
Hinweis an die Redaktion:
Eine ausführliche Reportage zu „20 Jahre Erinnerungsstätte“ finden Sie auf der Internetseite des Volkswagen Konzerns. Diesen Text, einen Übersichtstext zur „Erinnerungsarbeit bei Volkswagen“, sowie aktuelles Bildmaterial stehen unter www.volkswagen-newsroom.com zum Download bereit.
Den Katalog zur Erinnerungsstätte finden Sie hier als PDF-Datei.
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